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Das war Wasser auf die Mühlen einer Geschichtensammlerin. Als ob sie noch zusätzlichen Stoff bräuchte! Das menschliche Leben offenbarte eine Fülle von spannenden Geschichten, sie vermehrten sich wie Kaninchen. Deshalb war der Kriminalroman – wie kulturell sensible Menschen längst erkannt hatten – die ideale literarische Darstellungsform für das heutige soziale Leben. Ständig entdeckte man neue Verbrechen, Kapitalverbrechen, Familienfehden, Vergehen gegen die eigene Befindlichkeit. Indizien für die Schuldigen waren jederzeit einfach zu finden. Das Schlimmste hielt man automatisch für das Richtige, und davon ließ man sich auch mit roher Gewalt nicht abbringen. Auch nicht durch die Polizei oder durch einen Gerichtsentscheid.

Schluss mit dem eigenen alten Kram! Neue Geschichten lagen überall in der Luft, sie warteten nur darauf, eingefangen zu werden. Eine davon bot sich ihr gerade an: Den arroganten Präsidenten der Museumsgesellschaft, diesen misogynen Gockel Jakob Wildenbruch, der beinahe ihre Nominierung zum Writer in Residence im Literaturhaus Zürich verhindert hätte, würde sie gern ein wenig bestrafen. Ihm nur ein bisschen wehtun, ein paar kräftige Ohrfeigen würden schon reichen. Klatsch – klatsch, eine rechts und eine links, verdutztes ungläubiges Gesicht, dazu sogar ein bisschen Angst? Dieser ignorante Hammel hatte seine Pläne, sie zu diskreditieren, noch nicht aufgegeben, dafür hatte sie einen sechsten Sinn. Schließlich hatte sie lange genug darum kämpfen müssen, als Schriftstellerin ernst genommen zu werden. Das würde sie sich von so einem lächerlichen Typen nicht ankratzen lassen. Aber da war sie schon wieder bei ihrer eigenen Geschichte. Andere Leute hatten auch Probleme, das war viel interessanter.

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