Читать книгу Wie mein Vater Hitler den Krieg erklärte. Roman онлайн
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Siebenundachtzig Jahre sind vergangen, seit ich in diese Welt hineingeboren wurde. Ich bin um vieles älter geworden als der Vater. So lange hat es gebraucht, um über das schreiben zu können, was sein Schicksal war und in meinem Leben ein Angstgefühl hinterlassen hat.
3.
Eigentlich wollte ich gar nicht aus der Mutter in die Welt schlüpfen.
Es war fünf Uhr morgens an einem Donnerstag, als die Wehen einsetzten und die Hebamme geholt wurde. Aber weder sie noch die Großmutter schafften es, mich aus der dunklen Höhle im Bauch der Mutter zu zerren. Doktor Gutenberg, der Hausarzt, wurde alarmiert. Er hatte eine Praxis nur ein paar Häuser weiter und kam auf Zuruf. Dem Doktor gelang es, mich mit einiger Mühe und einer Zange ans Licht des schon sonnigen Apriltages zu holen.
Ich war nicht das rosige Baby, das erwartet worden war. Ich war blau – wie der Vater, der offenbar vorzeitig einen zu großen Willkommensschluck aus der Schnapsflasche genommen hatte und nun am Türrahmen lehnte und dumme Fragen stellte, bis die Großmutter ihn aus dem Zimmer warf. Weil ich mich weigerte, richtig zu atmen, schüttelte und tätschelte sie mich, redete leise auf mich ein, flehte mich an: »Komm, komm.« Schließlich hob sie mich in die Höhe, schwenkte mich durch die Luft, und endlich kam der erste Schrei. So hat sie es mir einmal erzählt. Ihre wärmenden Hände haben mir auch in späteren Jahren die Liebe und den Halt gegeben, die ich von den Eltern nicht bekam.