Читать книгу Wie mein Vater Hitler den Krieg erklärte. Roman онлайн
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Mit dem Namen Hitler konnte ich schon etwas anfangen. Der Vater hatte ihn öfter erwähnt und mir mit einem abfälligen Zungenschlag erklärt, dass er der Reichskanzler sei und der Führer einer Partei, die sich NSDAP nenne. Offensichtlich mochte er sie nicht.
Es war der erste September 1939. In der Kleinen Stadt am Rhein war es ein nieseliger Tag, der mit schwerem Regen in die Nacht überging. »Ich habe mir gedacht, dass der Hitler einen Krieg anfangen wird«, sagte die Großmutter.
Am selben Abend warf mich der Vater aus der Küche, als ich ihn in einer merkwürdigen, geradezu lächerlichen Pose ertappte. Er saß auf einem Stuhl und hatte ein Tischtuch über seinen nach vorne gebeugtem Kopf gehängt, als würde er aus einer Schüssel heiße Kamillendämpfe inhalieren. Dabei schien es, als redete er mit sich selbst, bis ich merkte, dass die Sätze aus dem Radio kamen. Als ich ihn anstupste, tauchte er kurz unter dem Tuch auf und schrie: »Geh raus«, ganz so, als hätte ich ihn bei etwas erwischt, das man nicht tut. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis mir klar wurde, dass er die in deutscher Sprache gesendeten Nachrichten der britischen BBC hörte. Nach der mit Paukenschlägen verbundenen Ankündigung »Hier ist London« konnte man auf dieser Welle erfahren, was man in den Nachrichten des Reichssenders nicht hörte: wie es um Deutschland wirklich stand, wie die Front im Osten und später im Westen tatsächlich verlief und was mit den Menschen geschah, die von den Nationalsozialisten verschleppt wurden.