Читать книгу Wie mein Vater Hitler den Krieg erklärte. Roman онлайн
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Der Aufenthalt in der Kirche und der anschließende Gang auf den Friedhof zu den Gräbern der Familie war nicht nur eine Verschnaufpause im aufreibenden Alltag, der Weihrauch, der Sing-Sang der lateinischen Messe, das Gold des Hochaltars waren auch gut für das ramponierte Seelenheil.
Die Pflege des Vaters hat sie nicht nur körperlich erschöpft, sondern auch seelisch. Der Vater zeigte so gar keine Dankbarkeit für das, was die Mutter tagein, tagaus rund um die Uhr leistete. Im Gegenteil. Wenn ihm etwas nicht passte oder sie nicht schnell genug war, fing er sofort an zu schimpfen und zu fluchen, er versetzte ihr richtige Seelenhiebe.
»Ja, geht’s denn nicht schneller?« Oder: »Bist du denn zu gar nichts fähig?« Und so ging’s weiter.
Die Mutter hat nie dagegen aufgemuckt. »Um des lieben Friedens willen«, wie sie sich später einmal rechtfertigte.
Manchmal habe ich an der Tür zum Schlafzimmer gelauscht, aus dem ein lustvolles Stöhnen kam, hinter dem ich in meiner kindlichen Naivität etwas Harmonisches vermutete. Es war ein geheimnisvolles Spiel, das ich noch nicht zu deuten wusste. Da war der Vater schon einigermaßen hergestellt und arbeitete wieder in der Werkstatt. Ein anderes Mal schnappte ich beim Lauschen ein Wort auf, unter dem ich mir nichts vorstellen konnte: »Konzentrationslager«. Was es damit auf sich hatte, hat er nur geflüstert. Ich konnte nur so viel verstehen, dass es sich um Häuser handeln musste, in die man Menschen einsperrte. Als ich ihn Tage später fragte, was ein Konzentrationslager sei, das Wort hatte ich mir gemerkt, schüttelte er mürrisch den Kopf. »Weiß ich nicht, wo hast du denn das her?«