Читать книгу Wie mein Vater Hitler den Krieg erklärte. Roman онлайн
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Ich war alt genug, um zu begreifen, was Krieg bedeutete. Ich hatte in einem Bildband über den Ersten Weltkrieg aus Großmutters kleiner Bibliothek Fotos gesehen, die mich erschreckten: Kanonenrohre, aus denen dunkle Rauchwolken kamen, Soldaten, die sich die Ohren zuhielten, wenn eine Salve abgefeuert wurde, ein Offizier mit blutiger Stirn, der beide Hände Hilfe suchend einer Schwester in Rot-Kreuz-Kleidung entgegenstreckte.
»Das steht uns alles wieder bevor«, sagte die Großmutter, als sie mich wieder und wieder im Kriegsbuch blättern sah, und griff zum Rosenkranz.
Ein Bild, das nicht in Großmutters Fotoband war, das ich erst Jahrzehnte später bei meinen Recherchen im Archiv der Kleinen Stadt am Rhein entdeckt habe, lässt mich vermuten, dass der neue Krieg die Kleine Stadt rasch aus der Stille und Behaglichkeit herausgerissen hat. Das mit den Jahren verblichene Foto zeigt eine Ansammlung von Männern in graugrünen Uniformen mit Tornistern und Stahlhelmen und Frauen, die offensichtlich von ihren Männern Abschied nehmen. Möglicherweise war der Vater auch darunter. Er ist jedenfalls in den ersten Kriegstagen oder vielleicht sogar schon vorher eingezogen worden. Er war damals um die vierzig Jahre alt. Den Einberufungsbefehl habe ich nach seinem Tod im Keller in einem Karton gefunden, den die Mäuse schon so zerfleddert hatten, dass man auf den Papieren nicht mehr viel entziffern konnte, auch nicht das Datum. Nur der Name Olmütz war noch zu lesen.