Читать книгу Wie mein Vater Hitler den Krieg erklärte. Roman онлайн
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Niemand hatte mit ihm gerechnet. Die Mutter hantierte am Herd, und die Großmutter las im »Heimatboten«, als er aus dem Halbdunkel des Flurs in die Küche trat. Er nahm die Mütze ab und sagte: »Ich bin wieder da.« Er wirkte fremd. Die Haare waren ihm ausgefallen, er war bis auf die Knochen abgemagert, er hustete furchterregend. Noch in der Küche sackte er in sich zusammen. So hat es mir jedenfalls die Großmutter erzählt. Die nächsten Monate verbrachte er vorwiegend im Bett. So gut es ging, steuerte Doktor Gutenberg, der alle zwei Tage nach ihm sah, mit Medikamenten der lebensbedrohenden Rippenfellentzündung entgegen, die er im Lazarett nicht richtig auskuriert hatte. Sie war auf dem Heimweg wieder voll ausgebrochen. Es dauerte und dauerte, bis er wieder auf die Beine kam. Das ist durchaus wörtlich zu verstehen.
Die Mutter hatte es nicht leicht mit ihm. Wenn der Vater nach ihr rief, weil er Durst hatte oder auf die Toilette musste, sprang sie sofort auf. Sie seifte ihn, auch wenn er es nicht wollte, mit ihren kräftigen Händen ab. Sie wechselte einmal am Tag das durchgeschwitzte Bettlaken. Ich habe ihr dabei einmal zugeschaut und an ihren Händen die vielen Schrunden gesehen, die noch aus den Tagen stammten, als sie auf dem elterlichen Bauernhof im Renchtal hart anpacken musste. Sie war Tag und Nacht um ihn. Nur am Sonntag verließ sie das Haus, um in die Messe zu gehen. Dafür legte sie die Kittelschürze ab, zog das dunkelblaue Kostüm an, das sie im örtlichen Bekleidungshaus gekauft hatte. Dann flocht sie ihre tiefschwarzen Haare zu einem mächtigen Zopf, den sie unter einem Kapotthütchen nur mühsam verstecken konnte.