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»Nicht schlappmachen, Alter!«, brüllte der ihm ins Ohr.
Er richtete sich auf und spürte einen Stich, als steckte ein Hunderter Nagel im Fuß. Es war die regelmäßig wiederkehrende Erinnerung an seine dunkle Zeit im ›Gelben Elend‹, der DDR-Justizvollzugsanstalt Bautzen, in der die Stasi sich nach Lust und Laune austoben durfte.
Mit einem Mal begriff er, was die Neonazis bis zum Siedepunkt aufheizte. Ein Demonstrationszug muslimischer Männer, Frauen und Kinder näherte sich von der Kröpeliner Straße her dem Neuen Markt. Sie trugen ruhig ihre Transparente, ohne sich von den Hasstiraden der Rechtsextremisten aufhalten zu lassen. Nur Minuten trennten die beiden Massen voneinander. Polizei war noch immer keine zu sehen. Die Zeiten haben sich geändert seit der Wende und nicht immer zum Besseren, ging ihm durch den Kopf.
Endlich übertönten die Sirenen der Einsatzwagen den Krawall um ihn herum. Eine Hundertschaft Polizisten in Kampfmontur, Knüppel in der einen, Schutzschild in der anderen Hand, begann, die Nazis einzukreisen und einen Puffer zum Zug der Muslime zu bilden. Ein paar Kahlköpfe warfen Steine und Flaschen auf die anrückenden Polizisten. Die meisten verließ der Mut nach der ersten Tränengas-Granate. Ullrich staunte, wie rasch sie die Übermacht des Gegners erkannten. Sie kühlten ihre Wut über die verhinderte Schlacht gegen die Muslime an Fensterscheiben und geparkten Fahrzeugen.