Читать книгу Das Leben sein lassen. ... und zweitausend Kilometer mit dem Rad von Gotha nach Rom pilgern онлайн
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Auf einem Weg durch Ginster, Heidekraut und Latschenkiefern bin ich am oberen Punkt des Kaps angekommen, der mir unvermittelt den atemberaubenden Ausblick auf den Atlantik freigab. Die Weite der Landschaft mit dem Ausblick auf die Berührungslinie zwischen dem tiefen Dunkel des Wassers und dem lichten Blau des Himmels an einem fernen Horizont hat mich tief ergriffen.
Ich bin dann langsam und sehr bewusst den Hang hinabgestiegen. Weit unten lagen ein Haus und eine Wetterstation. Haltgemacht habe ich erst beim Erreichen des aus Beton geformten Steines, der das Ende des Wegs anzeigte. Ich habe diese Steine im Verlaufe meines Pilgerwegs immer wieder angetroffen. Bronzene Täfelchen, die in diesen Steinen eingelassen sind, zeigten mir jeweils die Entfernung an, die noch bis Santiago zurückzulegen war. Manchmal war auch nur noch der Stein da, das Täfelchen war von Souvenirsammlern herausgebrochen worden. Doch hier gab es eine Bronzetafel und sie zeigte mir an: ‚0,0 km‘.
Den Schauer, der mir beim Lesen dieser Zahl den Rücken hinab lief, kann ich noch jetzt spüren. Ich stand vollkommen still und wagte kaum zu atmen, um nicht die Heiligkeit dieses Augenblicks zu zerstören, die ich plötzlich so unmittelbar empfand. Ich fühlte deutlich, dass mir jetzt eine wichtige Erfahrung zuteilwerden würde, dass sich einen Augenblick lang der Schleier heben würde, der mich bisher von der Wahrheit getrennt hatte. Ich setzte langsam den Rucksack ab und blickte auf den Weg zurück, den ich gekommen war. Deutlich konnte ich den gelben Kies sehen, der sich als breites Band den Hang hochschlängelte und sich in der Ferne als dünner Faden verlor.