Читать книгу Wie mein Vater Hitler den Krieg erklärte. Roman онлайн
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An diesem Nachmittag schnappte ich die Bemerkung auf, dass die Ostfront nicht mehr zu halten sei. Immer wieder erwähnte der Vater einen Ort namens Stalingrad. Der Onkel auf Fronturlaub verdrehte die Augen, während der Vater immer weiterredete, um ihm zu verstehen zu geben, dass er mit seiner Darstellung nicht einverstanden war.
Es dauerte nur noch ein paar Wochen, bis die Prophezeiung des Vaters sich erfüllte. Die Rote Armee durchbrach an sämtlichen Frontabschnitten die deutschen Stellungen. Im Eiltempo warfen die Sowjets die geschwächten deutschen Infanteriedivisionen zurück. Ich konnte dem, was der Vater über den Krieg erzählte, nur mühsam folgen. Ich begriff immerhin so viel, dass wir ihn mit Sicherheit verlieren würden. Den Vater schien das zu erfreuen, was ich nicht verstand und wogegen ich mich innerlich auflehnte. Mir gefiel auch der höhnende Ton nicht, den der Vater anschlug, wenn er über die SS sprach, mir missfiel die Abneigung, die er dem Führer entgegenbrachte, von dem es doch in der Schule hieß, dass er Deutschland aus dem Sumpf gezogen habe, in den die Juden das Vaterland hineingeritten hätten und wofür wir dem Führer ewig dankbar sein müssten. Der Lehrer liebte es, diesen Satz ein paar Mal zu wiederholen. Er war genauso einprägsam, wie die Wochen-Losung, die er vor Jahren schon in Sütterlinschrift auf die kleine Wandtafel geschrieben hatte. Er konnte von seinem Pult aus, auf dem eine Hakenkreuzfahne im Miniformat stand, mit dem Zeigestock auf den Spruch tippen, der darauf stand: »Der Führer hat immer recht.« Jetzt konnte ich das Menetekel an der Wand, das ich bei meiner Einschulung nicht hatte entziffern können, bereits gut lesen.