Читать книгу Januargier. Kriminalroman inspiriert von wahren Kriminalfällen онлайн
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Nach Georgs manueller Therapie war sie gleich zu ihrem alten Freund Ulli gegangen, der seit 1987 vis-à-vis dem Watt-und-Meer-Zentrum in Bensersiel eine gut gehende Hausarztpraxis betrieb. Kurarzt Doktor Ulrich Messner hatte vor einigen Jahren gemeinsam mit staatlich anerkannten Physiotherapeuten eine spezielle biomechanische Schmerztherapie entwickelt, die sogar nach ihm benannt worden war. Es handelte sich um eine Kombinationstherapie, die sich aus biomechanischer Stimulation, klassischen Massagen, Akupunktur und aus einer Behandlung, bei der die Schmerzpunkte mit den Handballen und den Fingerkuppen gerieben wurden, zusammensetzte.
Die Schmerztherapie nach Doktor Messner war inzwischen über Ostfriesland hinaus bekannt. Viele Patienten reisten extra aus dem Ruhrpott an die Küste, um sich von dem stets gut gelaunten Allgemeinmediziner behandeln zu lassen. Messners Praxis wurde an manchen Tagen förmlich überrannt. Wer zeitnah einen Termin bekam, konnte sich glücklich schätzen. Für Herma, die schon zu ihm gekommen war, als sie noch ein Kind war, hatte Ulli immer Zeit, notfalls machte er für sie Überstunden. Messner wusste, was Herma im Dienst zugestoßen war – sie hatte im Koma gelegen, war künstlich beatmet worden. Eine Blutung hatte zu einer Hirnschwellung geführt. Zum Glück hatte sie sich zurückgebildet. Doch die immer wieder plötzlich auftretenden Kopfschmerzattacken waren geblieben. Messner bereitete das Sorgen. Früher hatte Herma viel Sport getrieben. Segeln, Surfen, Joggen, Boßeln – in ihrer Jugend hatte sie nichts ausgelassen. Sie war ständig in Bewegung gewesen. Ein echter Wirbelwind ... So oft sie konnte, war sie mit ihrer 470er-Rennjolle rausgefahren, um bei Wind und Wetter zu segeln. Kein Sturm hatte sie davon abhalten können. Wie oft hatte sie ihm die Geschichte erzählt, wie sie nördlich von Janssand zwischen den Inseln Langeoog und Spiekeroog von einem rasch aufziehenden Gewitter überrascht worden war. Ihr Boot war damals in den meterhohen Wellenbergen gekentert. Seenotretter hatten sie aus der aufgewühlten See gefischt und ihre Jolle in den sicheren Hafen von Neuharlingersiel geschleppt. Am nächsten Tag war Herma van Dyck wieder segeln gegangen – so, als wäre nichts passiert. Angst kannte sie nicht. Sie war immer wie ein Stehaufmännchen gewesen, hatte sich nicht durch Niederlagen oder Misserfolge entmutigen lassen. Und nun?