Читать книгу Januargier. Kriminalroman inspiriert von wahren Kriminalfällen онлайн
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Er hatte den Mädels stets vorgegaukelt, Schulden zu haben und schließlich den alles entscheidenden Satz ausgesprochen: „Du, die töten mich, wenn ich die Kohle nicht zurückzahle. Es gibt nur einen Ausweg. Wenn du für mich mit einem Freund schlafen würdest, dann werden die mir die Schulden erlassen.“ Das hatte ausnahmslos geklappt. Jahrelang hatte er auf diese Weise blutjunge Mädchen für Bordelle rekrutiert. Aber er war älter geworden, arbeitete jetzt lieber mit einer Spritze. Seit Jahren schon beförderte er damit Menschen ins Jenseits – und es machte ihm nichts aus. Seine Opfer waren einsame Frauen und alleinstehende Männer, die etwas auf der hohen Kante hatten. Die Frau, die jetzt vor ihm saß und an ihrem Sekt nippte, würde auch nicht mehr lange leben. Das hatte er längst entschieden.
Kapitel 9
Karl Mertens klopfte mit seinen Handflächen die Taschen seines giftgrünen Kittels ab. „Ja, wo ist denn ...? Wo habe ich jetzt wieder dieses Ding hingesteckt?“, fragte er sich leise. Der Rechtsmediziner stand mit dem Rücken zum Fenster. Hinter ihm huschten Gestalten vorbei. Durch das Milchglas, das die medizinischen Forensiker vor neugierigen Blicken schützte, waren nur unscharfe Schatten zu sehen. „Ah, da auf der Fensterbank liegt es ja“, sagte Mertens. Er klang erleichtert, als er abwechselnd in die Augen von Martin und von Schmidt schaute. „Neben unseren scharfen Instrumenten ist das hier“, Mertens hielt triumphierend ein altertümlich wirkendes Diktiergerät in die Höhe, „unser wichtigstes Arbeitsgerät“, sagte er lachend und drückte zweimal auf die Aufnahmetaste. Klack, klack. „Na, ist doch so, oder?“ Der Leitende Oberarzt breitete die Arme aus – er steckte in einem übergroßen Kittel und sah jetzt aus wie der Papst beim apostolischen Segen Urbi et Orbi. Assistenzarzt Martin stimmte der Feststellung seines Chefs zu. „Ja, ja, das ist wohl so. Wenn wir unsere Erkenntnisse, die wir während einer Obduktion gewinnen, auch noch am Tisch handschriftlich protokollieren müssten, dann hätten wir hier einen langen Leichenstau.“