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Als ob es so leicht wäre, sich von der Scheiße zu trennen, die passiert ist. Sich hinterher den Mund ausspülen, und dann ist alles so, als wäre nichts gewesen – was für ein verführerischer Gedanke. Nur, so funktioniert es nicht. Die Taktik des Körpers, sich zu entgiften, ist nicht die Taktik der Seele, stimmt’s, Frau Doktor Freud?
(Übrigens, die Übelkeit und die Brechattacken waren damals geradezu harmlos im Vergleich zu heute. Ob das nur an der Chemotherapie liegt? Oder auch daran, dass sich im Lauf meines Lebens noch viel mehr Scheiße angesammelt hat? Nein, jetzt kommt nicht der unsinnige Satz: Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich vieles anders gemacht. Denn das würde ja bedeuten, dass man immer nur vernünftig handelt und nie gedankenlos oder in der Hoffnung, es würde schon gut gehen.)
Außerdem ist das Vernünftige durchaus nicht automatisch auch das Richtige. Was nicht heißt, dass ich über den Unterschied zwischen vernünftig und richtig nachgedacht hätte, als ich nach meinem Brechanfall schweißgebadet und zittrig in die Küche schlich, um mit einer Tasse Kaffee wenigstens meinen Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Im Gegenteil, ich war überhaupt nicht fähig, über irgendetwas nachzudenken. Deshalb war es mir auch völlig egal, dass Thomas in der Küche saß, obwohl er um diese Zeit eigentlich in der Schule sein sollte. Und es war mir auch egal, dass er mich mit angeekeltem Gesicht betrachtete und sich nach ein paar Minuten mit den Worten: „Entschuldige, aber du stinkst“, in sein Zimmer verzog. Alles war mir egal, weil ich aus nichts anderem bestand als aus meinem Magen, der nun schon wieder zu revoltieren begann und mich auf die Toilette trieb.