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Sozusagen zwei Tote und zwei Wohnungen auf einen Streich.
Zwei Kinderzimmer! Zwei Toiletten für die Gradonegs! Ein begehbarer Schrank!
Fast schon ein bürgerliches Refugium mit einem ökologischen Anstrich à la Ursula: Wände aus gepresstem Bio-Stroh, Tonverputz und Erdfarben; echtes Parkett und portugiesische Fliesen, Zirbenbetten für die Kinder, eine Mies-van-der-Rohe-Sofaimitation fürs Wohnzimmer. Wie in einem frisch lackierten Wald roch es bei den Gradonegs – und die Brise des Glücks wehte für sie weiter: Ursula hatte sich an ein eigenes Wollgeschäft gewagt, unten in der Währinger Staudgasse. Umgarnte dort ihre Kundinnen mit exklusiver Wolle aus den besten Manufakturen Europas. Strickte jeden Tag an einer neuen, erfolgreichen Geschäftsidee und bot sogar Hauben und Mützen aus Schafwolle von Wiener Streichelzoos an. „Haupt-Sache Wien“ nannte sie diese Kreationen, und Gradoneg bekam den ersten Prototypen davon.
Und die Kinder, Hemma und Josef?
Auch bei denen gab es nichts zu meckern. Hemma lernte im ersten Volksschuljahr die Welt zu entziffern. Josef schlug sich bravourös durch die zweite Klasse Gymnasium, sowohl im Unterricht als auch mit seinen Klassenkameraden. Und Gradoneg selbst stand seiner Frau und den Kindern um nichts nach: Er war kein billiger, schmieriger Anzeigenkeiler mehr, sondern ein fest angestelltes Redaktionsmitglied in einem aufstrebenden Verlag für ökologische Sachthemen. Sein einziger und bester Freund, Hannes Roschinic, hatte ihm diesen Job besorgt. „Pass einmal auf“, meinte Roschinic eines Tages zu Gradoneg, „die Freiheit ist nichts für dich. Frei sein ist für manche Menschen gefährlich … Sieht man ja an den ehemaligen Ostblockländern. Das geht meistens schief. Du brauchst Strukturen, unbedingt, sonst kennst du dich in der Welt nicht mehr aus, wie die im Ostblock. Also, ich hab da jemanden für dich … den Thomas Kneisler. Hab dich schon bei ihm angekündigt. Der Thomas Kneisler ist zwar menschlich das Letzte, aber deine Rettung. Bestimmt, glaub mir. Ist ein ehemaliger Pornoproduzent … aber wirklich nichts Schlimmes, nur so schmierige Hefteln und ein paar dreckige Filme. Diese Sachen sind aber längst Geschichte. Mittlerweile macht er nur noch auf Öko … so harmlose Magazine mit Bio-Sachen zum Nachkochen für Schickimickis und Gutmenschen. Ehrlich, vom Thomas ist aus seiner Zuhälterzeit kaum noch was übrig … bloß seine finanzielle Gier und seine Pizza-Sucht. Der ist nämlich gleich nach seiner Geburt und der Muttermilch auf Pizza umgestiegen. Und jetzt frisst er sich mit Bio-Pizzen zu Tode. Aber vertrau mir, außer den Pizzen und seiner Geldsucht ist er in Ordnung. So eine Art ‚Porno-Saulus‘, der zum ‚Bio-Paulus‘ konvertiert ist. Geh unbedingt zu dem hin. Ich hab alles geregelt. Mach das, der Thomas ist deine Rettung.“